Wissenschaftliche Methoden im Online Marketing – Teil 2: Schwächen quantitativer Methoden

Empirische Sozialforschung wurde lange Zeit betrieben mit den Methoden der Naturwissenschaft. Die Welt war jedoch so nicht zu erfassen. Der erste Artikel der Serie befasst sich mit den Prinzipien qualitativer Methoden. Dieser Artikel dreht sich um die Schwächen rein quantitativer Methoden. Die vier zentralen Kritikpunkte an den quantitativen Methoden – nach Siegfried Lamnek und seinem Lehrbuch „Qualitative Sozialforschung“ – lauten:

4 Kritikpunkte an quantitativen Methoden:

  1. Soziale Phänomene „beruhen auf den Interpretationen der Individuen einer sozialen Gruppe“.
  2. Soziale Tatsachen sind nicht objektiv. Sie sind als soziale Handlungen abhängig von Bedeutungsgehalt und Situation zu interpretieren.
  3. Soziales Handeln ist nicht durch quantitative Methoden messbar. Es unterstellt dem Handeln womöglich eine falsche Bedeutung.
  4. Eine Hypothese, die bereits vor dem Forschungsprozess steht, kann als selbsterfüllende Prophezeiung wirken. Dem Handelnden kann eine Meinung oder Absicht „suggeriert oder aufoktroyiert“ werden.

Diese vier grundlegenden Schwächen von quantitativen Methoden, können das Forschungsergebnis auf vielfältige Weise verfälschen. Folgende Fehler sind möglich:

Restringierte Erfahrung

Das Interesse der quantitativen Forschung ist beschränkt auf das tatsächlich Gegebene. Dadurch bleibt das „Wesen der Dinge“ ausgegrenzt. Erfahrung ist kein Asset; außer sie ist in standardisierter Form gegeben. Lebenserfahrung, die nicht unmittelbar mit der wissenschaftlichen Erfahrung korreliert, ist bei quantitativer Forschung nicht von Relevanz.

Schein und Wirklichkeit

Da Hypothesen bereits vorab aufgestellt werden, ergibt sich die Gefahr, dass Vorurteile bloß bestätigt werden. Auch sind Theorie und Empirie – vor allem die gewählten Methoden – oft inadäquat.

Herrschaftsstabilisierung

Die ständige Verdoppelung der Realität wirkt herrschaftsstabilisierend. Die quantitative Sozialforschung nimmt die gegebenen Fakten kritiklos auf und reproduziert dadurch mit ihren Methoden das vorhandene etablierte Bewusstsein. „Gesellschaftliche Ordnungen, Bedingungen und Verhältnisse bleiben so erhalten.

Primat der Methode

Die Wirklichkeit wird der Methode angepasst. Nicht umgekehrt. Untersucht wird, was mit den vorhandenen Methoden auch untersuchbar ist. Anderes wird ausgeblendet.

Messfetischismus

Um zu messen, müssen Erfahrungen in Daten umformuliert werden. Dieser Prozess ist eine Interpretation, die dem Forscher oder der Forscherin obliegt.

Instrumentalisierung als Intersubjektivität

Die quantitative Sozialforschung versucht den Einfluss der Forschenden soweit wie möglich zu reduzieren. Voll und ganz wird dieses Ziel jedoch nie zu erreichen sein, da Forschern auch bei quantitativen Methoden von der Interpretation nicht vollends befreit sind. Es wird versucht, die Methoden zum Maß aller Dinge zu machen und diesen Methoden alles anzupassen. „Dadurch wird das Forschungsobjekt zum Forschungssubjekt.

Naturwissenschaft als Vorbild

Die naturwissenschaftliche Methodologie ist der Annahme erlegen, man könne Vorgänge aus ihrem Zusammenhang lösen und diese dann untersuchen. Die Wirklichkeit wird gefiltert und zerstückelt – und dann wird sie untersucht.

Subjekt als Objekt

In der Sozialwissenschaft werden menschliche Subjekte und nicht naturwissenschaftliche Objekte Untersucht. Die Herangehensweise, die Art der Untersuchung und die Interpretation muss demnach eine andere sein. Die Untersuchten bestimmen die Forschung mit. Was ihnen als wichtig erscheint, hat auch wichtig für die Forscher zu sein. Das Forschungsobjekt ist in den Sozialwissenschaften ein soziales Subjekt – ebenso wie die Forscher.

Scheinobjektivität der Standardisierung

Durch die Standardisierung der Verfahren entsteht eine Scheinobjektivität. Eine Standardisierung kann den vielen sozialen Wirklichkeiten nicht gerecht werden. Es gibt Deutungen von Akteuren, die so nicht in den Fokus genommen werden (können). „Empirische Forschung ist nur dann fruchtbar, wenn sie die Perspektive der Untersuchten aufnimmt.

Forschungsperspektive als Korsett

Die vorab aufgestellten Hypothesen bilden den Rahmen der Forschung. Was nicht in den Rahmen passt, wird auch nicht untersucht. Mögliche Erkenntnisse fallen durch den Rost. Auch die Motivation der Befragten kann darunter leiden. Womöglich fühlen sie sich durch die offensichtlich standardisierten Fragen nicht ernst genommen.

Methodologie und Forschungsrealität

Wirklichkeit und quantitative Forschung klaffen auseinander. Dies hat jedoch nicht zur Hinterfragung bestehender Methoden geführt, sondern lediglich zu ihrer Verbesserung, wobei das Grundproblem bestehen bleibt.

Distanz des Forschers zum Gegenstand

Dank quantitativer Methoden glauben Forscher, sich nicht mehr in ihr Forschungsfeld begeben zu müssen, den Forschungsgegenstand von der Ferne untersuchen zu können. „Die soziale Welt der Untersuchten bleibt daher verborgen.

Ausblendung des Forschungskontexts

Quantitative Forschung erfasst den Kontext nicht. Das vorher definierte Relevante wird herausgefiltert – also von seinem Kontext gelöst – und untersucht. Die soziale Realität bleibt so oft verborgen.

Messartefakte

Auch in der quantitativen Sozialforschung gestalten die Forscher den Forschungsprozess mit. Und die Untersuchtet sind Subjekte, auch wenn sie als Objekte gesehen werden. Darauf ist die quantitative Messung nicht eingestellt.

Fazit

Sie sehen: Wer sich in seiner Strategieplanung rein auf quantitative Methoden verlässt, der ist verlassen. Wir von Corporate Interaction verstehen es, quantitative und qualitative sinnvoll zu kombinieren, sodass ein verlässlicher Erkenntnisgewinn resultiert, der die Grundlage für Ihre Online Strategie darstellt. Die von Corporate Interaktion entwickelte RELEVANCE BOX liefert genau das.

Die Serie – Wissenschaftliche Methoden im Online Marketing

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